Donnerstag, 27. Juli 2006

Die Pinguine von Manhattan - Bruchstück 1

Eine Verschwörung teuflischer
Wasservögel
&
der Fluch moderner Technik



Ganz Manhattan ist eine Eiswüste.

Eine riesige, tiefgefrorene Festung, eine antarktische Insel an der Ostküste der USA, hermetisch abgeriegelt vom Rest der Welt.

Wie aber kam es dazu?

Vor über 20 Jahren, noch zu Anfang des neuen Jahrtausends, gelang es einer Gruppe von Pinguinen (als ethnische Randgruppe der Bevölkerung sogar in einem multikulturellen Umfeld wie New York bis dahin kaum berücksichtigt und auch in offiziellen Statistiken geradezu sträflich vernachlässigt), zuerst unbemerkt Mitglieder ihrer Gemeinschaft an exponierte Positionen im Werbe-Geschäft, in der Elektrogeräte-Industrie und den New Yorker Elektrizitätswerken zu postieren, anschließend ganz Manhattan - mittels einer gigantischen Werbe-Kampagne mit hyper-modernen High-Tech-Kühlschränken der Marke der O-Zon-O-Mat geradezu zu überfluten. Die Kühl-schränke waren nicht nur mit einer hyperhochtechnisierten Temper-a-tur-o-matic ausgestattet, wodurch die Temperatur des Kühlschrankinnenraums automatisch proportional zur Außentemperatur reguliert wurde, sondern auch mit einer Intellekt-O-Ell-gesteuerte Frost-O-Tronic-Vorrichtung, die gewährleisten sollte, dass der Kühlschrank auch nach extremsten Stromstößen, verursacht etwa durch eine H-Bombe oder ein abstürzendes Spaceshuttle, noch voll leistungsfähig blieb. Außerdem hatten die Kühlschränke – und das war am wichtigsten – Türen, die sich nicht richtig schlossen, wodurch – im Zusammenwirken mit der Temper-a-tur-o-matic - die Außentemperatur lang-sam, aber stetig Grad um Grad gesenkt wurde (was aber niemand bemerkte, und wenn doch, wurde es dem sowieso be-schissenen New Yorker Klima angelastet.)
Zeit verging.

Nach fünf Jahren war es soweit, die allgemeine Umwelt-Temperatur von Man-hattan war auf den kritischen Punkt von 11,5° Celsius gefallen (im Sommer!), und die Menschen schöpften langsam Verdacht.

Die Stunde X war gekommen.

Mit erschreckender, nur durch exakte und absolut genau Präzision, die nur durch lang vorbereitete und präziseste Planung erreicht werden kann, geschahen am 23. Juli 2015 um genau 10 Uhr 21 Ortszeit mehrere Dinge: ein scheinbar harmloser Computerfehler im zentralen Steuerungssystem des für die gesamte Stromversorgung Manhattans zuständi-gen Elektrizitätswerks verursachte einen enormen elektromagnetischen Impuls, der durch sämtliche Leitungen jagte und mit einem Schlag alle Computer, Modems, Fernsehgeräte, DVD-Player, Küchenmixer, elektrische Heizöfen, Mikrowellen, netzbetriebene Nasenhaarschnei-der, kurz gesagt, alle elektrisch betriebenen Geräte in Manhattan, mit Ausnahme der O-Zon-O-Mat-Kühlschränke, die durch eine besondere anti-magnetische Isolierschicht gegen elektromagnetische Impulse jeglicher Art geschützt waren.
Gleichzeitig sorgte die zuvor noch von allen paranoiden Konsumenten (d.h. so ziemlich allen in New York) hochgelobte Frost-O-Tronic-Vorrichtung dafür, dass die Kühlschränke all die ungeheuren Mengen ungenutzter Elektrizität auf effektivste Weise dazu nutzen, die Temperatur in ganz Manhattan innerhalb von Zehntelsekunden auf Minus 32° Celsius zu senken. Gleichzeitig sprangen die Türen der Tiefkühlfächer auf, und Horden durchtrainierter Ninja-Pinguine, die sich bis dahin perfekt getarnt hinter den Erbsen verborgen hatten, stürmten in die vereisten Gebäude und überwältigten im Handumdrehen die wenigen Menschen, die den abrupten Kältesturz überlebt hatten.
(In antarktischen Regionen waren sie einst bekannt und gefürchtet gewesen unter dem Namen Fallende Pinguin-Einsatz-Truppe, benannt nach ihrer Methode, mühsam und auf täuschend pittoreske Art und Weise hohe Eisklippen zu erklimmen und sich mit ohrenbetäubendem Geschrei auf ahnungslose Antarktisforscher zu stürzen, die schon seit geraumer Zeit da unten herum standen und den putzigen kleinen Kerlchen bei ihrem sonderlichen Tun zuschauten.
Hach, die Wunder der Natur!)

Die ganze Aktion war binnen weniger Sekunden abgewickelt, der Staatsstreich war geglückt.
Die Insel Manhattan wurde hermetisch abgeriegelt und durch einen undurchdringlichen Verteidigungsgürtel von weit geöffneten O-Zon-O-Mat-Kühlschränken gegen die Außenwelt abgeschirmt. Trupps bewaffneter Pinguine patrouillierten die Grenzen, bereit, auf alles, was sich näherte, mit tiefgefrorenen Rinds-Würstchen zu schießen. Die wenigen überlebenden Menschen wurden in grausige Arbeitslager zusammengerottet, wo sie für ihre neuen Herren, die Pinguine, gnadenlose Frondienste zu verrichten hatten (wie das Herstellen lustiger Wasserrutschen oder mundgeblasener Jak-Milch-Eislutscher), die Pinguine zogen prunkvoll in den Mittelturm des 2011 wieder neu errichteten World-Trade-Centers, den so genannten Triplet-Towers, ein und bildeten ein Komitee zur Regierung der Insel, das so genannte Grausige Gremium.
Dies ging bei den Pinguinen um einiges einfacher und unkomplizierter vor sich als vergleichbare Wahlen bei Menschen, was zum wesentlichen daran lag, dass sich Pinguine eigentlich nicht voneinander unterscheiden. Demokratie ist bei Pinguinen gewissermaßen eine natürliche Erscheinung; Monarchen und Despoten haben in Pinguin-Gesellschaften im allgemeinen keine größeren Chancen, weil sich meistens nach fünf Minuten schon keiner mehr daran erinnert, wer sich nun eigentlich gerade zum Alleinherrscher ernannt hatte. Außerdem haben Pinguine keine Namen.
Erschwerend kommt noch dazu, dass ihnen die kommunikativen Mittel für langatmige Debatten fehlen:
Pinguine können – entgegen allgemeiner Annahmen – nicht sprechen.
Ihre Kommunikation beschränkt sich im Wesentlichen auf Geräusche wie „Qua-aak!“, „Braaakh!“, „Honk!“ und kleinere Kunststückchen mit Fischen. Nur dem bereits erwähnten multikulturellen Charakter New Yorks und dem Umstand, dass durchschnittliche New Yorker sich nicht besonders für seine Mitmenschen (oder Mit-Lebewesen) interessiert, verdankten es die Pinguine, dass sie über Jahre hinweg unentdeckt blieben. (Wann immer ein Mensch wegen ihrer Artikulations-Unfähigkeit Verdacht schöpfte, gaben sie sich einfach als Taxifahrer aus.)

Eine der ersten Entscheidungen des Grausigen Gremiums war die Umbenennung des Big Apples, dem liebevollen Spitznamen New Yorks, in
The Big (Herumschwenken-einer-Makrele-mit-dem-Schnabel).

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MArielsd (Gast) - 28. Jul, 13:19

das is ja grauslig...

...da is ja nich nur terror und 11. september drin, auch das 3. reich...also das wär ja ein grotesker comic...einerseits die niedlichen pinguine, die nichtmal sprechen können und andererseits die vernichtende gewalt...ne, dann lieber mehr horst und sein pony...;)

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