Donnerstag, 17. August 2006

Die Pinguine von Manhattan - Bruchstück 4

Was damals wirklich geschah
&
Auswirkungen
aufs Weltgeschehen



Wie wäre es, wenn die Pinguine ganz und gar unschuldig an den Ereignissen des 23. Juli 2015 gewesen waren, die ganze restliche Welt sie aber fälschlicherweise für die üblen Drahtzieher hinter der Katastrophe hält (die damit eben auch keine schlichte Katastrophe mehr wäre, sondern ein Anschlag auf die Gesamte Freie Welt!)
Unterstützt wurde dieser Irrglaube hauptsächlich durch die unglaublich plumpe, nichtsdestotrotz enorm wirksame Propaganda, die US-Präsident George W. Bush gegen das Böse, das aus der Kälte kam startete. (Bush war mittlerweile schon in seiner fünften Amtsperiode, aufgrund einer Verfassungsänderung in seinem achten Regierungsjahr, die es einem nachgewiesenermaßen beliebten amerikanischen Präsidenten gestattet, so viele Amtsperioden zu durchlaufen, wie er will, wogegen ein unbeliebter Präsident maximal eine Periode lang regieren darf! Auch durften Präsidentschaftskandidaten, die in Popularitäts-Umfragen schlecht abschnitten, gar nicht erst zur Wahl antreten, was es George W. Bush ermöglicht hatte, zweimal ohne Gegenkandidat in den Wahlkampf gehen zu können. Bei der letzten Wahl schaffte er es dennoch durch reine Blödheit, nur knapp wieder gewählt zu werden. Um diesen Beliebtheitssturz wettzumachen, kam ihm die neueste New Yorker Krise gerade recht.)
Andererseits lag es nahe, die Schuld den Pinguinen zu geben, immerhin waren sie die einzigen, die aus der Katastrophe profitiert hatten, und außerdem, jetzt, wo man sie endlich einmal wirklich bemerkte, kam es den Menschen doch sehr verdächtig vor:
Pinguine in New York?
Wo waren sie plötzlich hergekommen?
Wie kam es, dass keiner sie vorher bemerkt hatte?

(Als Nebeneffekt könnte dieses Szenario auch noch zur Folge haben, dass die USA einen Vernichtungsfeldzug gegen Pinguine in aller Welt führten, wodurch es zum Bruch im Atlantischen Bündnis kam, da die andere Weltmacht, Europa, schon seit Jahren unter dem strengen Diktat des Öko-Sozialismus stehend, Partei für die bedrohte Tierart ergriff (immerhin wirkten Pinguine viel sympathischer als die Taliban 14 Jahre zuvor) und mit dem ehemaligen Bündnispartner brach.
Als Folge dessen kam es zum offenen Konflikt.
Die USA und Europa unter der taktischen Führung des deutschen Altbundeskanzlers Joschka Fischer (jetzt General Joschka Fischer, Oberbefehlshaber der Europäischen Militärtruppen), befanden sich seitdem im andauernden, abwechselnd Heißen und Kalten Krieg.
Ein Umstand, der den Pinguinen sehr zugute kam, da sich nun niemand mehr für sie interessierte - außer zu halbherzigen Propagandazwecken - und sie nun unbehelligt von allen Kämpfen und Kriegen glücklich in New York leben konnten. Klammer zu.)

Wie aber kam es nun wirklich dazu, dass die Pinguine nach New York kamen und Manhattan tiefgefroren wurde?

Die Äußeren Umstände, die ich anfangs beschrieben habe – wie die Pinguine, einem gewieften, ausgeklügelten Plan folgend, Manhattan mittels einer enormen Werbekampagne mit nicht-richtig-schließenden Kühlschränken überschwemmt haben, um es dann unter ihre gewaltsame Kontrolle zu bringen – entsprechen dem Bild, das die menschliche Bevölkerung (aufgrund der amerikanischen Propaganda und dem lückenhaften bis ganz abgebrochenen Informationsfluss aus Manhattan und den vereisten anderen Vierteln New Yorks) von der Situation in Manhattan hatte.
Die Wirklichkeit jedoch sah ganz anders aus: Die Werbekampagne für O-Zon-O-Mat-Kühlschränke war in der Tat nichts weiter als eine Verkaufsmasche der Firma Schmiele, die damit warben, dass O-Zon-O-Mat-Kühlschränke aufgrund ihrer neuartigen Temper-a-tur-o-matic sogar in Regionen sinnvoll einsetzbar seien, in denen man eigentlich gar keinen Kühlschrank braucht: am Nord- und Südpol!
„...denn Kühlschränke, die am Äquator funktionieren, kann jeder bauen!“
Während bei den Dreharbeiten für die Werbespots am Nordpol nicht weiter nennenswertes passierte, als dass ein Regie-Assistent von einem Eisbären gefressen wurde, geriet am Südpol eine kleine Gruppe von Statisten (Sie haben es erraten: Pinguine!), neugierig, wie sie waren, versehentlich ins Innere der für die Dreharbeiten benutzten Kühlschränke, und wurden unbemerkt in die USA eingeführt.
Einmal in Manhattan, dem Hauptsitz von Schmiele, angekommen, akklimatisierten sie sich schnell in New York, wobei ihnen der Wesenszug des typischen New Yorkers, von seinen Mitmenschen keine größere Notiz zu nehmen, sehr zugute kam.
Wären sie beim Verlassen der Kühlschränke von wesentlich aufmerksameren Lagerarbeitern als den Angestellten von Schmiele bemerkt worden, hätte man sie ohne Zweifel zu Werbezwecken ausgebeutet. Sie wären durch Talkshows, Dinnerparties und Kinopremieren herumgescheucht worden und wären später als drogenabhängige Ex-Prominente bei irgendeiner Teleshopping-Show auf irgendeinem Regional-Kabelsender gelandet.
So aber konnten sie unerkannt und unbehelligt unter den menschlichen Bewohnern von New York leben, die immerhin gewohnt waren, wesentlich seltsamere Typen auch nicht weiter zu beachten. Sie lebten in den Gefrierfächern der Kühlschränke, gingen Jobs nach, in denen ihre Fremdartigkeit und Unfähigkeit zu menschlicher Kommunikation nicht weiter auffiel - meist als Taxifahrer – , vermehrten sich nach und nach, und lebten viele Jahre glücklich und unerkannt im Big Apple.

Bis eines Tages, an jenem schicksalhaften 23. Juli 2015, eine Verkettung unglücklicher Umstände (ausgelöst durch einen ungelernten Teilzeitarbeiter bei den New Yorker Elektrizitätswerken - wahrscheinlich einem Pinguin, es kann aber auch ein Puertoricaner gewesen sein, so genau weiß man das heute nicht mehr - der eine Makrele auf der Zentralen Streuerkonsole hatte liegen lassen) die Pinguine zu den quasi alleinigen Herrschern von Manhattan, ja von ganz New York machte!

Dass die Türen der Kühlschränke sich nicht richtig schlossen, war zwar wirklich nur ein Produktionsfehler gewesen, allerdings ein von der Marketing-Abteilung von Schmiele beabsichtigter Produktionsfehler. Der Gedanke, der dahinter steckte, war der gewesen, den schon die ersten Hersteller von pneumatischen Autoreifen hatten: Wenn man ein Produkt zu perfekt macht, hält es zu lange, wenn man dagegen kleine Fehler einbaut, geht es schneller kaputt, und die Leute müssen sich öfter was Neues kaufen!
Den Schönheitsfehler bei diesem Gedankengang, nämlich dass die O-Zon-O-Mat-Kühlschränke dank der großartigen neuartigen Temper-a-tur-o-matic auch bei nicht ganz geschlossenen Türen noch hervorragend funktionierten, hatten die Herren von der Marketingabteilung leider übersehen (ganz zu schweigen von dem unschönen Nebeneffekt, dass dadurch langsam, aber stetig die Umwelttemperatur gesenkt wurde!)
Wie auch immer, den Pinguinen kam dieser kleine, beabsichtigte und von niemandem bemerkte Materialfehler sehr gelegen, denn waren es zuerst eben diese nicht ganz schließbaren Türen gewesen, denen sie es zu verdanken hatten, überhaupt erst nach Manhattan gekommen zu sein, konnten sie nun ohne größeren Aufwand unbemerkt die Kühlfächer betreten und verlassen, und sie somit als Refugium ind Wohnraum benutzen. Lebten sie anfangs noch ausschließlich in den Eisfächern und ernährten sich von Tiefkühl-Fischstäbchen, kamen sie nach und nach, als die Temper-a-tur-o-matic die umgebende Temperatur auf ein für sie erträglicheres Maß senkte, aus ihren Schlupfwinkeln heraus und begannen sich in ihrer neuen Umgebung zu akklimatisieren. Zwar kehrten sie nach einigen Stunden in der für sie zuerst noch fremden und erschreckenden Umgebung stets wieder in die für sie angenehmere und vertrautere Umgebung der Tiefkühlfächer zurück, allerdings geschah das im Laufe der Jahre immer weniger aus Temperatur-bedingter Notwendigkeit als vielmehr aus Nostalgie-Gründen, stellten die Kühlschränke doch immerhin das letzte Verbindungsglied zur Alten Heimat dar. (Einwanderer waren schon immer sehr sentimental!) Auch ermöglichte ihnen die unüberschaubar große Anzahl von O-Zon-O-Mat-Kühlschränken in ganz Manhattan, sich eifrig zu vermehren. Wohnraum gab es für sie genug, und wenn ein New Yorker doch einmal auf die seltsamen, kleinen Tiere in seiner Küche aufmerksam wurde, hielt er sie ganz selbstverständlich für kakerlaken.
Zuletzt bewohnten sie ihre Tiefkühlfächer aus demselben Grund, aus dem die meisten New Yorker ihr Viertel nicht verlassen: ganz einfach, weil sie schon immer da gelebt hatten!

Als sich am 23. Juli 2015 dann schlagartig die Umwelt-Bedingungen zu ihren Gunsten änderten, d.h. endlich wieder herrlich kalte, antarktische Temperaturen herrschten, waren die Pinguine vor Freude so aus dem Häuschen, dass sie alle sonst angewandte Vorsicht sausen ließen, und sich unter Jubelgeschrei aus den Tiefkühlfächern stürzten und – sie hatten vor Freude vergessen, dass sie nicht fliegen konnten (äääh, ist das ein alter Witz!) – auf die zu ihren Füßen sterbenden Menschen plumpsten.
Diese befanden durch den Schock der Katastrophe sowieso schon in einem Zustand akuter Verwirrung, um nicht zu sagen, sie waren dem Wahnsinn schon so nahe, dass es nicht verwundert, wenn die wenigen Menschen, die dem Horror des 23. Juli entkommen konnten, später von Horden blutrünstiger Kampf-Pinguine berichteten, die sich aus allen Kühlschränken stürzten, um sämtliche noch verbliebenen Überlebende dieses wohl größten Attentats in der Geschichte der USA brutal niederzumetzeln!

Die Wirklichkeit sah wohl eher so aus, dass die wenigen Menschen, die den abrupten Kältesturz von Minus 40° überlebt hatten, körperlich so sehr geschwächt waren, dass ihnen ein aus einer Höhe von 1 Meter 70 auf sie herabfallender, 20 Kilo schwerer Wasservogel ganz einfach, wenn auch unbeabsichtigt, den Garaus machte.

Die Pinguine wiederum, von Natur aus eher mitfühlende, kaum zu Gewalt neigende Wesen, hatten sich mittlerweile so sehr an New Yorker Verhältnisse akklimatisiert, dass sie leidende und in der Gosse liegende, verendende Menschen mittlerweile als etwas ganz normales betrachteten und mit der für echte New Yorker typischen Gleichgültigkeit dazu übergingen, ihre neue, paradiesische Welt zu genießen, ohne sich um die vielen Erfrorenen zu kümmern.

Die wenigen Filmaufnahmen, die von der Katastrophe an die Außenwelt gelangte, zeigten Herden von Pinguinen, die fröhlich ausgelassen über die vereisten Avenues schlitterten und auf eingefrorenen Passanten Rutschbahn spielten.

Die Menschheit war empört!
Man glaubte, die Schuldigen an dem Massaker gefunden zu haben:

Pinguine,
die Inkarnation des Bösen!


oder...

Das Böse, das aus der Kälte kam!

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